Die Fusion der LÖW+ Kirchengemeinden
Liebe Leserinnen und Leser,
hinter uns liegen nun fast drei intensive Jahre, welche von diversen Herausforderungen wie Corona-Pandemie, Stellenkürzungen in unserem Kirchengemeindeverband und nicht zuletzt vom Krieg in der Ukraine geprägt waren. Ein großer Schwerpunkt war und bleibt zweifellos die angespannte Stellensituation der Pfarrer in unserem Kirchengemeindeverband.
Nach dem Weggang von Pfarrer Kiy im Oktober letzten Jahres hat sich die Personalsituation in den Gemeinden noch einmal verschärft. In dieser Situation konnten wir auf die Vorteile unserer gewachsenen und gut funktionierenden Strukturen im Kirchengemeindeverband zurückgreifen. Trotzdem ließen sich kleine Einschnitte in verschiedenen Bereichen nicht vermeiden, da die verbleibenden zwei Pfarrer aufgrund der Mehrbelastung die Arbeit priorisieren mussten. Glücklicherweise konnten wir hier, gerade in der Weihnachtszeit, auf die temporäre Unterstützung von Pfarrer i. R. Christian Anton zurückgreifen, welcher bzgl. Kasualien und Gottesdienste unterstützt hat.
Um die dritte Pfarrstelle schnellstmöglich wieder zu besetzen, wurde frühzeitig Kontakt mit der Landeskirche aufgenommen. Trotz vieler Diskussionen mit dem Personalrat des Landeskirchenamts über die angespannte Kostensituation und ein damit verbundener Abbau von Pfarrstellen in der Landeskirche wurde uns keine 100%-Stelle für die nächsten Jahre zur Nachbesetzung zugebilligt. Durch die umgehend erstellte Stellenausschreibung konnten wir sehr schnell, zum April diesen Jahres, Pfarrer Peter Doerk mit einer 50%-Stelle für unseren Kirchengemeindeverband gewinnen. Mit ihm konnten wir einen in vielen Bereichen erfahrenen Pfarrer begrüßen, welcher sehr gut in unser Anforderungsprofil passt. Mit seiner Erfahrung, gerade in Hinblick auf Gemeindearbeit und nötige strukturelle Änderungen, wird er die Arbeit im Kirchengemeindeverband bereichern.
Wenn wir weiter als 2019 zurückschauen, bleibt uns allen nicht verborgen, dass sich die Stellensituation der Pfarrer immer weiter verschärft hat. Im Jahre 2006 hatten wir noch die komfortable Situation mit fünf Pfarrstellen und einer vollen Diakonstelle, um das Arbeitspensum abzuarbeiten. In 2020 hatten wir noch drei Pfarrer und zwei halbe Diakonstellen. Dies stellte, hauptsächlich für die Hauptamtlichen, immer schwierigere Arbeitsbedingungen dar, wie z. B. bzgl. Vertretungen bei Urlaub, Krankheit oder Weiterbildung.
Blickt man nun auf die Planung der Zielzahlen der Landeskirche für die Propstei Braunschweig, wird sich die Zahl der Pfarrstellen bis 2026 noch einmal von aktuell 26 auf 22 reduzieren, bevor diese dann Richtung 2030 nur noch 18 betragen soll. Aufgrund der momentanen Situation und dieser Aussichten sahen wir als Kirchengemeindeverbandsvorstand die Notwendigkeit, an den bestehenden Strukturen etwas zu ändern, um für die nächsten Jahre so aufgestellt zu sein, damit ein zuverlässiges Arbeiten unter den sich verändernden Bedingungen gegeben ist.
Somit haben wir uns im Kreise des Vorstandes im März 2022 zu einem Klausurtag in Lamme getroffen. An einem Samstag nahmen wir uns reichlich Zeit, um die Möglichkeiten einer Strukturänderung mit den zu erwartenden Vor- und Nachteilen zu diskutieren.
Hauptziel der Überlegungen war, aufgrund der immer weniger werdenden Pfarrstellen eine Entlastung der Pfarrer zu schaffen, mit dem Ziel, die Pfarrer möglichst von zeitintensiven Verwaltungsaufgaben zu entbinden, damit die eigentlichen Hauptaufgaben der Pfarrer, wie z. B. Seelsorge oder Jugendarbeit, für alle zufriedenstellend erledigt werden können. Nicht zuletzt sollen natürlich auch nicht die Ehrenamtlichen in der Art überbelastet werden, dass nicht mehr auf das so wichtige Engagement der Gemeindemitglieder zurückgegriffen werden kann. Genau dieses Einbringen von Ideen, Motivation und vor allem Zeit, ist die Grundlage für ein lebendiges Gemeindeleben, was natürlich, in welcher Struktur auch immer, nicht auf der Strecke bleiben darf. Hier haben ja alle vier Einzelgemeinden ihre eigenen Konzepte, Formate und Vorlieben, welche auf jeden Fall zu erhalten sind.
Um all diese Ziele zu erreichen, wurde über die Möglichkeit einer Fusion der vier Kirchengemeinden zu einer eigenständigen Gemeinde schwerpunktmäßig diskutiert.
Durch diese Form der Umstrukturierung können genau diese zeitraubenden Verwaltungsaufgaben wie KV-Sitzungen, Gremienauftritte, eigene Haushalte usw. zur Entlastung der Pfarrer reduziert werden.
Eine Fusion wäre eine Basis, um die nötigen, überschaubareren Strukturen möglich zu machen. Eine gemeinsame Mitarbeiterstruktur, gemeinsame Raum- und Gebäudekonzepte und nicht zuletzt die angestrebten reduzierten Geschäftsprozesse wären entscheidende Vorteile einer fusionierten Gemeinde. Nicht zu vernachlässigen ist außerdem, dass die Attraktivität der Pfarrstellen mit dieser Konstellation wesentlich gesteigert wird. Denn welcher Pfarrer hat schon Lust, in einer ständig im Umbruch befindlichen Gemeinde und mit unzufriedenen Mitarbeitenden zu arbeiten.
Geht man nun noch einen Schritt weiter und blickt auf eine etwaige gemeindeübergreifende Zusammenarbeit mit z. B. ev.-luth. Kirchengemeinde „Die Brücke“ in Braunschweig, ist mit solch einer fusionierten Struktur die Zusammenarbeit wesentlich leichter, gerade wenn man aufgrund der immer weniger werdenden Pfarrstellen auf temporäre Vertretungen bei Urlaub oder im Krankheitsfall blickt.
Natürlich gibt es auch Nachteile einer Fusion, welche nicht außer Acht gelassen werden dürfen, bzw. wo es Lösungen zu erarbeiten gilt. Bei einer Fusion müssen die Organisationsstruktur und die Aufgaben und Inhalte für den Kirchenvorstand vor dem Hintergrund der vier bisherigen Gemeinden neu strukturiert werden. Hier ist wichtig, dass jede Gemeinde, trotz der Fusionierung, ihre eigenständigen Gene erhalten kann und auch die noch so kleinen Probleme im neuen Gremium Gehör finden. Dass wir aber auch Lust auf Gemeinsames haben, haben die bisherigen gemeinsamen Veranstaltungen – wie z.B. LÖW+ Gottesdienste, Lauf um den Ölper See, oder der lebendige Adventskalender gezeigt. Hier haben wir auch immer Möglichkeiten gefunden, die weiteren Wege zu überwinden, welche nach einer Fusion zwangsläufig auf uns zukommen.
Angst vor Verlust der kompletten Haushaltsselbständigkeit ist ebenfalls unbegründet, weil es sich um vier finanziell solide aufgestellte Kirchengemeinden handelt. Baurücklagen bleiben in den Gemeinden, zweckgebunden für die jeweiligen Bauobjekte, unangetastet. Generell kann bei Rücklagen im Vorfeld überlegt werden, wo eine Zusammenlegung sinnvoll ist und wo nicht. Auch können Kollekten weiterhin zweckgebunden verwendet werden.
In einem waren wir uns alle einig: Mit der neuen Struktur muss jede einzelne Altgemeinde, genau um z.B. ihre gewachsenen Strukturen, ihre eigenen Gruppen und Kreise oder die kleinen spezifischen Probleme nicht aus den Augen zu verlieren, eine Art Gemeindeforum aufbauen. Teilweise gibt es ein solches Gremium schon in den Gemeinden. Hier besteht für jedes Gemeindemitglied die Möglichkeit, auch ohne offiziell gewählt worden zu sein und sich für eine lange Zeit binden zu müssen, seine Zeit, seine Ideen in die Gemeinschaft einzubringen. Denn nur so können wir, trotz aller Kürzungen, weiterhin für ein lebendiges Gemeindeleben sorgen. In diesem neu gebildeten Gemeindeforum je Altgemeinde könnten die Interessen und Probleme der einzelnen Gruppen gebündelt werden und dann in den neuen Gesamtkirchenvorstand eingebracht werden. Dass der Aufbau eines solchen Forums nicht von heute auf morgen funktioniert, ist uns natürlich auch klar. Hier können die Gemeinden unterstützen, welche diesbezüglich schon Erfahrungen gesammelt haben. Eins steht aber fest, in jeder Gemeinde gibt es viele Menschen, die Lust und Zeit haben sich auf welche Art und Weise auch immer aktiv in die Gemeinschaft einzubringen.
Am Ende unseres Klausurtages stellten wir fest, dass es trotz vieler neuer und vor allem unbekannter Herausforderungen auch gute Möglichkeiten und Chancen gibt für den wohl nicht zu vermeidenden Umbruch. All die zusammengetragenen Chancen und Risiken einer Fusion wurden nun von den Vertretern des Kirchengemeindeverbandes mit in die Kirchenvorstände genommen, um hier über das Erarbeitete zu berichten. Am Ende stand jeder Kirchenvorstand der vier Gemeinden vor der Entscheidung, machen wir weiter so wie bisher im Kirchengemeindeverband Nordwest? Oder gehen wir mutig den Weg einer Fusion? Die Entscheidung ist keinem leicht gefallen und hat auch eine gewisse Überlegungszeit benötigt. Auch waren die Entscheidungen der Kirchenvorstände nicht immer einstimmig und mit vielen Diskussionen verbunden. Am Ende des Tages brachten aber alle vier Kirchenvorstände einen Beschluss zur Fusion auf den Weg.
Auch wenn sich die pure Begeisterung dabei nicht einstellt, halten wir diese Entscheidung in Anbetracht der sich ständig ändernden Randbedingungen und dem Blick in die Zukunft für unausweichlich.
In einem weiteren Schritt haben wir uns auch Gedanken um einen Namen für die neue Kirchengemeinde gemacht. Dabei sei vorab gesagt: Die Kirchen behalten alle ihren Namen! Nur die neue zu gründende Kirchengemeinde braucht einen neuen Namen. Dieser sollte, das war ziemlich schnell klar, weiblich sein. Also überlegten wir, wen in der Bibel und in der Kirchengeschichte es da gegeben hat. Eine starke, selbstbewusste Frau, die es verstanden hat, komplizierte Strukturen zu managen, die sich trotz vieler Hindernisse und Schwierigkeiten nicht unterkriegen ließ. Wir glauben, dass wir mit Katharina von Bora eine gute Wahl getroffen haben und die Landeskirche hat unserem Vorschlag zugestimmt. Mit der Fusion gehören die Kirchen St. Marien, St. Jürgen, Wichern und die Kreuzkirche zur Kirchengemeinde Katharina von Bora in Braunschweig.
Katharina von Bora war die Ehefrau Martin Luthers und eine Stütze für ihn, die im Hintergrund die Fäden zusammen hielt. Wir werden 2023 sicher eine kleine Reihe zu Katharina von Bora veranstalten, um Ihnen die Namenspatronin näher zu bringen.
Denn: Die Fusion der Kirchengemeinden wird zum 01.01.2023 in Kraft treten. Dann werden wir in ein neues Arbeiten in neuen, überschaubareren Strukturen kommen. Sicherlich kostet das am Anfang viel Kraft und Zeit, doch mittel- und langfristig werden wir davon profitieren, da sind wir uns sicher.